„Vermieter können Lebens-Chancen geben“ – ein berührendes Thema, aber mit Risiken

Die Vermietung an Sozialmieter – also Mieter, deren Miete vom Amt bezahlt werden muss – verursacht bei vielen Vermieter ein ungutes Bauchgefühl. Der Experte Eric Eisenhardt erklärte den Mitgliedern von Haus & Grund Worms-Alzey, wo Skepsis berechtigt ist. Aber auch, wo Sozialvermietung Chancen bietet.

Klärte umfassend über die Vermietung an Sozialmieter auf: Eric Eisenhardt, selbst Geschäftsführer bei einer auf das Thema spezialisierten Wohnraumvermittlung.Klärte umfassend über die Vermietung an Sozialmieter auf: Eric Eisenhardt, selbst Geschäftsführer bei einer auf das Thema spezialisierten Wohnraumvermittlung. - Foto: Haus & Grund Worms-Alzey

„Wer an Sozialmieter vermietet, kann Menschen dadurch eine Lebens-Chance bieten.“ Dies war ein Schlüsselsatz des Vortrags von Eric Eisenhardt, den er bei der Mitgliederversammlung von Haus & Grund Worms-Alzey hielt (siehe gesonderten Bericht „Mitgliederversammlung 2022: Hans-Joachim Lock weiter an der Spitze von Haus & Grund Worms-Alzey“). „Das Thema ist sehr berührend“, sagte der Vorsitzende von Haus & Grund, Hans-Joachim Lock. „Es birgt aber auch Risiken.“

Rational bleiben, Risiken abwägen

Wie sich dieses Risiko minimieren lässt, dieser Frage ging Eisenhardt nach. Er ist geschäftsführender Gesellschafter der Oppenheimer „Wohn(T)raum Rheinhessen GmbH“. Das Unternehmen ist auf die Wohnraumvermittlung für sozial Benachteiligte spezialisiert. „Ein Dach über dem Kopf kann der erste Schritt zu einem neuen Lebensabschnitt sein“, sagte Eisenhardt. Gleichwohl warnte er, sich bei der Vermietung von Emotionen mitreißen zu lassen. Es gelte, Chancen und Risiken abzuwägen – und zwar gründlich.

Die Zuhörer auf die Probe gestellt

Die etwa 100 Haus & Grund Mitglieder, die zu dem Vortrag gekommen waren, stellte Eisenhardt auf die Probe. Er zeigte einen Facebook-Aufruf, den der Verein #rheinhessenhilft vor einiger Zeit für Andy gestartet hatte, einen krebskranken Obdachlosen aus Mainz. Für diesen suchte der Verein dringend eine Bleibe für eine Brutto-Kaltmiete von 520 Euro. 50 Hotels hatte der Verein demnach erfolglos angefragt. Eisenhardt stellte nun die Gretchenfrage im Wormser: Wer von Ihnen würde an Andy vermieten? Die Reaktion im Saal war: Stille. Niemand meldete sich. Doch ein Zuhörer stellte klar: „Es liegt nicht daran, dass keiner von uns an Sozialmieter vermieten will.“ Nur hätten manche schon so ihre Erfahrungen gemacht – und in diesem Fall hatten offenbar viele ein seltsames Bauchgefühl.

Eric Eisenhardt hatte zu dem Fall recherchiert. Sein Ergebnis: Die Hoteliers hatten Andy demnach nicht etwa aus Hartherzigkeit abgelehnt, sondern weil dieser schon in mehreren Hotels Hausverbot hatte. Eine gesunde Portion Skepsis sei also grundsätzlich angebracht, sagte Eisenhardt. Doch die Risiken ließen sich minimieren.

Der erste Eindruck kann täuschen

„Lassen Sie sich nicht vom Äußeren abschrecken“, lautete eine Faustregel. Das Leben auf der Straße hinterlasse Spuren. Fast jeder könne unverschuldet in eine Notlage kommen. „Entscheidend ist, wie sich der Mieter im Mietverhältnis benimmt.“ Um hier zu einer besseren Prognose zu kommen, sei ein Finanzcheck möglich. Wie Lock ausführte, hilft Haus & Grund seinen Mitgliedern dabei. Eisenhardt empfahl außerdem, bei besonderen Problemlagen eine Hilfsperson als Vermittler ins Boot zu holen. Sich um eine Vollmacht zu bemühen, sei ebenfalls sinnvoll, um im Fall eines Falles Auskunft beim Sozialamt zu erhalten.

Und noch etwas zähle: die Sympathie. Denn Sozialmieter seien ganz verschieden – dazu gehörten Menschen, die in einer Lebenskrise stecken ebenso wie Obdachlose, Flüchtlinge oder Alleinerziehende. Und auch nicht alle seien vollständig vom Staat abhängig. Die Hälfte der Bewohnerinnen im Frauenhaus beispielsweise gehe einem Beruf nach.

Das direkte Gespräch ist unersetzlich

Ganz wichtig sei das persönliche Gespräch, das in vielen Fällen einer E-Mail vorzuziehen sei. Manches kläre sich dann schnell. Wenn beispielsweise plötzlich die Miete nicht mehr pünktlich kommt, könne das einfach daran liegen, dass ein Mieter, der bislang von Sozialleistungen gelebt hat, nun sein eigenes Geld verdient. Das komme dann nämlich nicht mehr im Voraus aufs Konto zum Monatsanfang, sondern erst am Monatsende. „Die betroffenen Mieter haben dann also vorübergehend mit einem Einkommen zwei Monate zu überbrücken.“

Kommunen spielen wichtige Rolle

Wer in die Sozialvermietung einsteigen möchte, finde Ansprechpartner etwa beim Verein „Armut und Gesundheit in Deutschland“, der Zitadelle Mainz, dem Frauenhaus Worms oder den Jugendscouts der Kreisverwaltung Alzey-Worms. Eine wichtige Rolle komme den Kommunen zu. Denn wenn Mieter tatsächlich einmal großen Schaden hinterlassen sollten, dann sei mitunter mehr nötig, als das, was dem Vermieter rein rechtlich zustehe. „Dann sollten die Kommunen Vermieter nicht hängenlassen.“ Besonders gute Erfahrungen hat Eisenhardt dabei in der Verbandsgemeinde Wonnegau gemacht.

Auch mit einem Vorurteil gegen Vermieter räumte Eisenhardt auf. Seiner Erfahrung nach komme es so gut wie nicht mehr vor, dass jemand eine Gammel-Immobilie mit unzureichenden Standards als „Sozialwohnung“ zu Geld machen will. „Da hat der Gesetzgeber zum Glück längst einen Riegel vorgeschoben.“

Das Fazit von Eisenhardt: „Wir können als Vermieter nicht die ganze Welt retten. Aber wir können etwas tun.“ Dass diese Botschaft auf offene Ohren – und möglicherweise auch Herzen – stieß, darauf deutete der rege Applaus hin, den die Gäste Eisenhardt spendeten. 

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